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Wie fließen die Drittmittel zum Forscher?

(12.09.2023) Die für ein Projekt verantwortlichen Wissenschaftler verfügen in der Regel frei über ihre Drittmittel. Verwaltet wird das Geld aber zentral.
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Wer in den Lebens­wissen­schaften forschen will, braucht in der Regel Drittmittel. Denn das, was die Forschungs­einrichtungen an Hausmitteln beisteuern, reicht insbesondere an den Unis nicht für größere Anschaffungen außer der Reihe. Auch für Doktoranden- und Postdoc-Stellen greifen Arbeitsgruppen gerne auf Projekt­förderungen zurück. Zwar bestimmen die Forschenden über das Geld, das sie selber eingeworben haben, es gilt aber ein paar Regeln zu beachten. Darüber sprachen wir mit Jurij von Kreisler, dem Abteilungsleiter der Zentralverwaltung bei der DFG.

Zunächst einmal schränkt von Kreisler ein, dass es keine pauschalen Antworten gibt, die für jeden Einzelfall gültig sind. „Wir nehmen jetzt mal die Universität als Regelfall“, so von Kreisler. Die DFG überweist das bewilligte Geld dann auf das Konto der Uni. „Es gibt zwei Ausnahmen“, ergänzt er: „Bei medizinischen Projekten kann auch das Universitätsklinikum als selbstständige Einrichtung auftreten, und dann werden die Mittel auf ein Konto des Universitätsklinikums überwiesen. In Einzelfällen kann auch ein universitäres Institut rechtlich eigenständig sein und bekommt die Mittel dann auf das eigene Konto.“

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Über Umwege ins Portemonnaie

Bei einer über Drittmittel finanzierten Stelle nimmt das Geld allerdings noch mal einen Umweg, bis es in der Tasche des Mitarbeiters landet – meistens über eine Landes­besoldungs­stelle. Diese zahlt das Gehalt dann an die mit Drittmitteln beschäftigte Person aus. „Das zentrale Landesamt geht dann auf die Universität zu und holt sich den finanziellen Ausgleich – und die Universität rechnet diese Ausgabe dann zulasten der DFG-Förderung ab.“

Geht es um Reisekosten, die im Rahmen eines mit Drittmitteln geförderten Projekts anfallen, wird auch hier die Universität die Abrechnung übernehmen, und dabei gelten ganz unabhängig von wissenschaftlichen Fragen die Reise­kosten­gesetze der einzelnen Bundesländer. „Sie stellen bei Ihrer Uni einen Dienst­reise­antrag und müssen die Tickets vielleicht auch über ein innerhalb Ihrer Einrichtung vorgegebenes Verfahren kaufen, wobei Sie als Finanzierungs­quelle dann die DFG-Bewilligung ankreuzen“, schildert von Kreisler ein typisches Vorgehen. „Dann bucht die Uni das wiederum in ihrer internen Buchhaltung zulasten des DFG-Projekts.“

Keine Grundausstattung aus DFG-Mitteln

Ein Mitspracherecht hat die Universität allerdings überall dort, wo bauliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Kompliziert werden kann es dann noch einmal, wenn es um die konkrete Art der Anschaffung geht. Für den laufenden Betrieb der Unis sind, so ergibt es sich aus dem Grundgesetz, nämlich die Länder zuständig. Die DFG trägt sich aber auch aus Bundesmitteln. Hierzu von Kreisler in aller Kürze: „Die DFG darf nichts finanzieren, was zur sogenannten Grund­ausstattung einer Forschungs­einrichtung oder Universität gehört“. Doch was genau nun zu dieser Grund­ausstattung zählt, darüber lässt sich im Einzelfall streiten. Von Kreisler blickt zurück und bemerkt, dass sich diese Liste „nicht-abrechenbarer Kosten“ über die Jahre auch ändern kann. „Vor 40 Jahren hätten Sie sicher noch einen Computer beantragen können, heute muss die Uni dafür aufkommen.“ Auch Büromöbel und gebäude­bauliche Maßnahmen wird man nicht aus DFG-Mitteln zahlen können, ebenso wenig Heizkosten. Außerdem zählen Verwaltung und Buchhaltung zu den Grundkosten einer Universität.

Allerdings berücksichtigt die DFG bei den meisten Förderungen eine Programm­pauschale von 22 Prozent als Overhead, die an die Verwaltung der Empfänger­einrichtungen fließt. „Über die Verwendung dieser Programm­pauschale entscheidet die Einrichtung, also etwa die Universitäts­leitung, und dafür gibt es gesonderte Regeln.“ Diese Pauschale wird aber nicht von der Förderung abgezogen, sondern zusätzlich oben drauf gezahlt. Den Forschern steht das tatsächlich bewilligte Geld also im vollen Umfang zur Verfügung.

Flexibel im Einzelfall

Von Kreisler merkt weiterhin an, dass sich die DFG flexibel zeige, wenn ein Projekt anders läuft als geplant. Er mahnt aber dazu, nicht auf eigene Faust umzuplanen, sondern diese Schritte mit der DFG abzusprechen. Problematisch wird es nämlich, wenn ein Vorhaben zu stark von der ursprünglichen Idee abweicht; oder falls man angespartes Fördergeld in einem späteren Folgeprojekt einsetzen will. „Wir müssen ja einen ehrlichen, fairen und qualitäts­orientierten Wettbewerb sicherstellen“, begründet von Kreisler, „und wenn Sie sich im Wettbewerb mit dem Projekt A durchgesetzt haben, können Sie das Geld nicht einfach für ein Projekt B nutzen, das nie begutachtet wurde und niemals im Wettbewerb stand“.

Bleibt Geld zum Ende der Projekt­laufzeit übrig, kann man in vielen Fällen aber eine sogenannte „kosten­neutrale Laufzeit­verlängerung“ beantragen. „Dann bekommen Sie nicht mehr Geld, aber mehr Zeit, um das Geld im selben Projekt auszugeben.“ Insbesondere während der Corona-Pandemie kam dieses Instrument verstärkt zum Einsatz. „Wir haben das in diesem Fall pauschal und in der Fläche zugestanden, ohne dass jeder hierzu eine Begründung hätte schreiben müssen“, so von Kreisler, „denn es wäre natürlich unnötige Bürokratie gewesen, hätte ich mir 10.000-mal aufschreiben lassen, dass es gerade eine Corona-Pandemie gibt“.

Gemeinschaftsprojekte

Bekannt ist die DFG auch für ihre SFBs und die Durchführung des Wettbewerbs um Exzellenz­cluster im Rahmen der Exzellenz­strategie. Hier können sich auch mehrere Forschungs­institute unterschiedlicher Standorte zusammenfinden. Die Entscheidungen werden in programm­eigenen Gremien getroffen. „Innerhalb dieser Gremien entscheiden die Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler selbst darüber, wofür die Geldmittel zum Einsatz kommen“, so von Kreisler. Die DFG überweist das Geld in diesem Fall nicht jedem einzelnen Standort, sondern zentral auf das Konto der mittel­verwaltenden Universität – bei den SFBs ist das in der Regel die Sprecher-Universität. Eine andere Förderlinie ist die vom Wissenschaftsrat koordinierte Exzellenz­universität. „Da stehen dann die einzelnen Universitäten als Ganzes im Fokus“, erklärt von Kreisler.

Wie sieht es aus bei Stipendien und besonderen Initiativen, zum Beispiel dem Emmy-Noether-Programm. „Eine Stipendiatin oder ein Stipendiat bekommt das Geld von der DFG unmittelbar auf das eigene Konto überwiesen“, ergänzt von Kreisler. Dabei entfallen folglich die 22 Prozent an Verwaltungs-Overhead. Stipendien über den Umweg des Uni-Kontos vermeidet die DFG inzwischen, das sind laut von Kreisler Auslaufmodelle. Insgesamt gebe die DFG in ihrem Förderhandeln mittlerweile Stellen den Vorrang. „Weil wir Wert darauf legen, dass die im Projekt Beschäftigten sozial­versicherungs­pflichtige Beschäftigungs­verhältnisse bekommen.“

Das Geld, wenn es denn einmal beim Forschungsförderer freigegeben ist, scheint also seinen Weg zu den Wissen­schaffenden zu finden. Klar ist, dass die notwendigen Projektanträge trotzdem nerven können. Eine anekdotische Rückmeldung seitens einer Forscherin erreichte uns, wonach es nach einem einjährigen Antragsverfahren eine Ablehnung gab, was verständlicherweise recht frustrierend ist. Diese Entscheidungen aber passieren, bevor sich das Geld auf den Weg macht – und das wäre wieder ein anderes Thema.

Mario Rembold

Dieser hier gekürzte Artikel erschien zuerst in ausführlicher Form in Laborjournal 9/2023.

Bild: AdobeStock/eyegelb


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Letzte Änderungen: 12.09.2023