Editorial

Durchstarten in der Life-Science-Industrie (18)
Das Arzneimittelrecht als Folge bitterer historischer Lektionen

Morna Gruber, Laborjournal 1-2/2024


(15.02.2024) Auf den ersten Blick scheint das Arzneimittelgesetz ein eher trockenes Thema zu sein. Doch wer in der Pharmaindustrie Fuß fassen möchte, sollte die gesetzlichen Regelungen kennen, denn sie erlauben eine sachkundige Navigation durch die komplexen Verfahren bei der Erforschung, Herstellung und Zulassung von Arzneimitteln. Die Geschichte zeigt, dass sie das Fundament für sichere und wirksame medizinische Therapien bilden.

Für Naturwissenschaftler und Naturwissenschaftlerinnen bietet die vertiefte Auseinandersetzung mit dem deutschen Arzneimittelgesetz

eine solide Basis für viele berufliche Wege – sei es in Forschung und Entwicklung, der Qualitätssicherung, der Produktion, der klinischen Forschung oder in der Regulatorik. Dieses Wissen ist ein Sprungbrett für Spezialisierungen und ermöglicht zugleich, einen aktiven Beitrag zur Entwicklung der eigenen Karriere und zur Gewährleistung der Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln zu leisten. Wie wichtig gesetzliche Regelungen in der Pharmabranche sind, zeigt ein Blick in die gar nicht so ferne Vergangenheit. Anhand diverser Arzneimittelskandale lässt sich nachvollziehen, dass mangelnde Kontrolle schwere gesundheitliche Folgen für Patienten nach sich ziehen kann.

Die Tuberkuloseimpfung

Die Geschichte der Impfung gegen Tuberkulose bildet eine Chronologie bedeutender wissenschaftlicher Leistungen. Robert Kochs Entdeckung des bakteriellen Erregers, Mycobacterium tuberculosis, im Jahr 1882 war ein Meilenstein der medizinischen Forschung, der ihm im Jahr 1905 den Medizin-Nobelpreis einbrachte. Koch revolutionierte die Bakteriologie bzw. Mikrobiologie, indem er Techniken zur Kultivierung reiner Bakterienstämme auf festen Nährböden etablierte, was die Isolation und Untersuchung von M. tuberculosis unter standardisierten Bedingungen erst erlaubte. Darüber hinaus entwickelte Koch spezielle Färbetechniken, um Tuberkulose-Bakterien unter dem Mikroskop sichtbar zu machen, was entscheidend war für den Nachweis und die Untersuchung des Erregers. Unter Verwendung grundlegender Kriterien für die Nachweiserbringung, dass ein bestimmter Mikroorganismus eine bestimmte Krankheit verursacht (heute Henle-Koch-Postulate genannt), gelang ihm der eindeutige Nachweis, dass M. tuberculosis die Ursache für (humane) Tuberkulose ist.

Zeichnung von vier Protagonisten der Impfstoff-Forschung
Abbildungen: HOX Life Science GmbH

Auch Theobald Smith, ein US-amerikanischer Veterinärmediziner, Mikrobiologe und Immunologe, beschäftigte sich mit Tuberkulose. Smith veröffentlichte 1898 eine Studie, in der er Unterschiede zwischen „bovinen“ (von Rindern) und „humanen“ Mycobakterien feststellte. Er beschreibt die Morphologie der beiden Erreger und darüber hinaus deren Eigenschaften sowohl unter In-vitro-Bedingungen als auch in Tiermodellen. Seine Daten zeigen: die Rindertuberkulose löst Mycobacterium bovis aus, die Tuberkulose beim Menschen lässt sich auf das verwandte M. tuberculosis zurückführen. Dennoch kann auch M. bovis Menschen infizieren. Diese Erkenntnis spielte eine entscheidende Rolle für die Risikoeinschätzung einer Übertragung des Erregers zwischen Tieren und Menschen. Während Koch anfangs die Meinung vertrat, dass die Übertragung von Rindertuberkulose auf Menschen vernachlässigbar sei, warf Smiths Entdeckung ein neues Licht auf diese Frage. Es entwickelte sich ein tieferes Verständnis für die Ursachen der unterschiedlichen Formen von Tuberkulose und deren Übertragbarkeit zwischen Mensch und Tier (beziehungsweise auch der Übertragung auf den Menschen durch infizierte Kuhmilch), was auch gesundheitspolitische Konsequenzen nach sich zog.

Vor allem aber machten sich die beiden Franzosen Albert Calmette und Camille Guérin die Erkenntnisse von Koch und Smith zunutze. Im Jahr 1908 begannen der Humanmediziner Calmette und der Veterinärmediziner Guérin an der Entwicklung eines oral verabreichbaren Impfstoffs gegen Tuberkulose beim Menschen zu arbeiten. Zunächst isolierten sie einen M.-bovis-Stamm und kultivierten ihn unter kontrollierten Bedingungen. Anschließend unterzogen sie den Bakterienstamm über einen Zeitraum von 13 Jahren mehr als 230 seriellen Passagen auf einem speziell präparierten Nährboden. Dieser Nährboden enthielt Galle, die antibakterielle Eigenschaften besitzt und das Wachstum der meisten Bakterien hemmt. Das Wachstum in diesem Umfeld zwang den Bakterienstamm, sich an die schwierigen Bedingungen anzupassen. Über die Jahre hinweg führten die kontinuierlichen Passagen auf dem gallenhaltigen Nährmedium zu genetischen und metabolischen Veränderungen. Der Stamm verlor seine krankheitserregenden Eigenschaften, behielt aber die Fähigkeit, eine Immunantwort im menschlichen Körper auszulösen.

Nach der langen Attenuierungsphase führten Calmette und Guérin umfangreiche Tests durch, um sicherzustellen, dass der abgeschwächte Stamm sicher für den Menschen ist und eine wirksame Immunantwort erzeugen kann, die vor Tuberkulose schützt. Zunächst testeten sie ihren Impfstoff an zahlreichen Tieren, vor allem an Meerschweinchen, Kaninchen, aber auch an Kühen. Außerdem machten sie Immunogenitätstests, um nachzuweisen, dass der attenuierte Stamm eine ausreichende Immunreaktion im Körper erzeugt. Im Jahr 1921 war es so weit: Calmette und Guérin begannen eine klinische Prüfphase, in der sie den Impfstoff zunächst an einer kleinen Anzahl von Säuglingen testeten. Erst als sich der Impfstoff auch in dieser Phase als sicher erwies, weiteten sie die Impfreihen aus. Die sogenannte BCG-Schutzimpfung gegen Tuberkulose war so beliebt, dass bis zum Jahr 1928 schon 150.000 Neugeborene in Frankreich und weiteren Ländern eine Impfung erhalten hatten.

Das Lübecker Impfunglück von 1930

Angespornt von diesen internationalen Erfolgen beschlossen Ernst Altstaedt, Leiter des Gesundheitsamtes Lübeck, und Georg Deycke, Direktor des Allgemeinen Krankenhauses in Lübeck, die Impfung auch an Neugeborenen in der Hansestadt durchzuführen. Im Jahre 1929 bestellten die beiden Mediziner in Paris die BCG-Kultur, Krankenschwester Anna Schütze verarbeitete sie in Deyckes Labor zu Impfstoff. Allerdings erwies sich das Labor als vollkommen ungeeignet für die Produktion des Impfstoffes, denn es gab keine räumliche Trennung zwischen den Impfstoffkulturen und den ebenfalls dort gelagerten pathogenen Tuberkulose-Kulturen. Da auch die Krankenschwester nicht ausreichend in Bakteriologie und Mikrobiologie geschult war, kam es zur Kreuzkontamination der BCG-Kulturen mit hochvirulenten Tuberkulose-Bakterien.

Eine Überprüfung der Sicherheit des Impfstoffes mittels Tierversuchen hätte aufzeigen können, dass der Impfstoff mit gefährlichen Keimen kontaminiert worden war. Altstaedt und Deycke verzichteten darauf – obwohl es schon damals üblich war, die Sicherheit eines Impfstoffs auf diesem Wege zu validieren. Die Folgen waren katastrophal: Im Februar 1930 wurden Säuglinge mit einem krankheitserregende Tuberkulose-Bakterien enthaltenden BCG-Impfstoff „geimpft“ – korrekterweise muss man sagen: „infiziert“. Auf ärztliche Kontrolluntersuchungen, bei denen frühe Anzeichen von Komplikationen hätten erkannt werden können, wurde ebenfalls verzichtet. Und so erhielten im April insgesamt 256 Neugeborene die Schluckimpfung.

Nach kurzer Zeit wurden den Hebammen die ersten Kinder mit Krankheitssymptomen gemeldet. Diese wurden zunächst als „normale“ Impfreaktion betrachtet, da man ja von einem sicheren Impfstoff ausging. Am 17. April gab es den ersten Todesfall und in kurzer Zeit starben drei weitere Kinder. Dennoch dauerte es noch über eine Woche, bis Deycke realisierte, dass mit dem Impfstoff etwas nicht stimmen konnte. Erst am 26. April ordnete er den Abbruch der Impfserie an. Diese Summe von Fehlern und Fehleinschätzungen führte zu 77 Todesfällen und über 100 schwer erkrankten Säuglingen, von denen viele Langzeitschäden zurückbehielten.

Georg Deycke, Ernst Altstaedt und Anna Schütze wurde im sogenannten Calmette-Prozess angeklagt. Das Gerichtsverfahren enthüllte, dass es bei der Expansion der BCG-Kultur in Lübeck zu gravierenden Fehlern in Bezug auf die Hygiene- und Sterilitätsbedingungen gekommen war. Zudem wurde festgestellt, dass es keine angemessenen Kontrollen gab, um die Sicherheit des Impfstoffs zu gewährleisten. Ernst Altstaedt und Georg Deycke wurden 1932 wegen fahrlässiger Tötung sowie fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Deycke erhielt eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren, Altstaedt wurde zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Ihre Revisionen wurden abgelehnt, der zuständige Reichsstatthalter wies auch alle Gnadengesuche zurück. Im August 1933 trat Ernst Altstaedt seine Haftstrafe an und verbrachte rund sieben Monate im Lübecker Gefängnis „Lauerhof“. Georg Deycke hingegen musste seine Haftstrafe aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten. Krankenschwester und Labormitarbeiterin Anna Schütze wurde im Prozess freigesprochen. Man konnte ihr keine direkte Verantwortung für die Fehler zuweisen.

Weltweite Aufmerksamkeit und Reflexion des Falles

Das Lübecker Impfunglück sorgte nicht nur in Deutschland für Aufsehen, denn die BCG-Impfung wurde weltweit als Maßnahme zur Bekämpfung von Tuberkulose eingesetzt. Der Vorfall selbst und die darauffolgenden juristischen Prozesse rückten die Frage nach der Sicherheit von Impfstoffen und der Verantwortung der Mediziner und Gesundheitsbehörden in den Mittelpunkt. International wurde das Lübecker Unglück als Warnsignal für die Risiken des Impfens gesehen und schärfte den Blick für die Gefahren bei unkontrollierter Produktion, Lagerung oder Verabreichung von Impfstoffen.

Beispielsweise veröffentlichte das American Journal of Public Health im März 1931 (Bd. 21 Nr. 3, S. 282) einen Artikel mit dem Titel „The Lübeck Desaster“ und schloss dabei, dass der Unfall in Lübeck nicht auf die Calmette-Prozedur als solche zurückzuführen sei, noch auf den BCG-Impfstoff. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass es aufgrund von Fehlern bei der Verarbeitung zu einer Vermischung des Impfstoffs mit virulenten Kulturen gekommen ist.“ Logischerweise war das Vertrauen in die Tuberkulose-Impfung zunächst erschüttert.

Man nahm den Vorfall aber zum Anlass, die Herstellung und Anwendung von Impfstoffen zu verbessern. Die Fachwelt erkannte die Bedeutung von wirksamen Kontrollmechanismen und in vielen Ländern beschlossen Gesundheitsbehörden, ihre Richtlinien für die Impfstoffproduktion zu verschärfen. Das Lübecker Impfunglück und der damit verbundene Calmette-Prozess verdeutlichen somit die Wichtigkeit von Transparenz, Sorgfalt und Verantwortung im öffentlichen Gesundheitswesen sowie in der medizinischen Forschung und Praxis – eine Lektion, die weltweit Beachtung fand und zur Erhöhung der Sicherheit von Impfprogrammen und zur Verbesserung der Patientensicherheit beitragen sollte.

Der weite Weg zum Arzneimittelgesetz

Der Weg zu einer systematischen Gesetzgebung in der Arzneimittelherstellung war allerdings noch lang und vielschichtig. Vor 1930 gab es in Deutschland keine umfassenden Regelungen für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln. Die Katastrophe in Lübeck führte jedoch dazu, dass die Notwendigkeit einer strengeren Regulierung sowie einer Verbesserung der Herstellungspraktiken erkannt wurde. In der Zeit nach dem Lübecker Impfunglück wurden einzelne Maßnahmen ergriffen, um ähnliche Vorfälle zu verhindern, allerdings ohne sofortige gesetzliche Verankerungen. Ein erster wichtiger Schritt war die Einführung von Richtlinien zur Herstellung und Prüfung insbesondere von Impfstoffen, inklusive einer stärkeren staatlichen Überwachung und Qualitätskontrolle. Diese Maßnahmen wurden jedoch zunächst über ministerielle Anweisungen und nicht über formale Gesetze geregelt. Im Jahr 1937 wurde mit dem „Gesetz über das Apothekenwesen“ die Grundlage für eine umfassendere Kontrolle und Überwachung des Arzneimittelmarktes geschaffen. Allerdings blieben viele Regelungen hinter dem zurück, was wir heute unter einem modernen Arzneimittelrecht verstehen.

Erst 1961 markierte das erste „Arzneimittelgesetz“ (AMG) den Beginn des modernen Arzneimittelrechts in Deutschland. Das Gesetz war auch eine unmittelbare Reaktion auf eine andere große Tragödie: Seit Ende der 1950er-Jahre wurde unter dem Handelsnamen Contergan ein Schlafmittel mit dem Wirkstoff Thalidomid vertrieben, das auch schwangeren Frauen gegen Morgenübelkeit verschrieben wurde und schwere Fehlbildungen bei Tausenden von Neugeborenen verursachte. Das AMG von 1961 legte unter anderem fest, dass Arzneimittel einer Zulassung bedürfen und ihre Sicherheit und Wirksamkeit nachgewiesen sein müssen. Es führte auch detaillierte Regelungen für die Herstellung und Überwachung von Arzneimitteln ein. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Arzneimittelgesetz mehrfach novelliert und an internationale Standards angepasst, um den Schutz der Patienten weiter zu verbessern.

Zeichnung eines Labors aus dem Jahr 1900 sowie eines Labors aus dem Jahr 2024
Abbildungen: HOX Life Science GmbH

Wesentliche Inhalte des AMG

Das deutsche Arzneimittelgesetz ist ein Bundesgesetz, das im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier die Herstellung, den Vertrieb und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln regelt. Ziel des Gesetzes ist es, für Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität der Arzneimittel zu sorgen. Der Aufbau ist komplex und in verschiedene Abschnitte gegliedert:

Der erste Abschnitt enthält grundlegende Definitionen und Begriffsbestimmungen, wie beispielsweise, was unter Arzneimitteln, Wirkstoffen, Fertigarzneimitteln etc. zu verstehen ist. Im zweiten Abschnitt werden die Regelungen zur Herstellung und Einfuhr von Arzneimitteln festgelegt, ebenso die Anforderungen an die Gute Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP). Er beinhaltet auch Vorschriften zur klinischen Prüfung, inklusive Anforderungen zum Schutz der Probanden von klinischen Studien.

Abschnitt drei regelt den Verkehr mit Arzneimitteln, darunter fallen die Großhandelstätigkeit, die Apothekenpflicht und das Verschreiben von Arzneimitteln. Er informiert auch über Online-Vertriebsregelungen für Arzneimittel. Der vierte Abschnitt bezieht sich auf spezielle Vorschriften für Arzneimittel zu besonderen Zwecken, wie beispielsweise Betäubungsmittel und tierärztliche Präparate. In Abschnitt fünf werden die Befugnisse der Arzneimittelüberwachungsbehörden geregelt.

Der sechste Abschnitt regelt, inwiefern Hersteller für Schäden, die durch Arzneimittel verursacht wurde, zivilrechtlich haften müssen. Abschnitt sieben enthält Strafbestimmungen und Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen das AMG. Der achte und letzte Abschnitt umfasst gemeinsame Vorschriften für die Bundesoberbehörden und Regelungen für die Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften sowie verschiedene Schlussvorschriften.

Das AMG wird ergänzt durch eine Vielzahl von Rechtsverordnungen, Richtlinien und Leitfäden, die konkrete Anforderungen für den Umgang mit Arzneimitteln festlegen. Dazu gehören unter anderem die GMP-Richtlinien, die den Standard für die Herstellung von Arzneimitteln vorgeben.

Wie genau hängen das AMG und die GMP-Richtlinien zusammen?

Das Arzneimittelgesetz (AMG) und die Gute Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) sind zwei komplementäre Elemente im regulatorischen Rahmenwerk. Man könnte sagen, dass das AMG das gesetzliche „Was“ vorschreibt, indem es die Anforderungen an die Arzneimittelqualität festlegt. Dagegen definiert die GMP das praktische „Wie“, indem es die spezifischen Maßnahmen und Qualitätsstandards beschreibt, die erforderlich sind, um diese Anforderungen zu erfüllen. Diese Standards werden auf internationaler Ebene durch Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und auf europäischer Ebene durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) sowie durch das Europäische Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) festgelegt.

Das AMG verpflichtet Hersteller zur Einhaltung der GMP-Richtlinien. Die zuständigen Behörden, wie zum Beispiel das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die Landesbehörden, überwachen die Einhaltung dieser Praktiken. Regelmäßig durchgeführte Inspektionen (Audits), sowohl angekündigt als auch unangekündigt, sollen sicherstellen, dass die Hersteller die GMP-Vorschriften einhalten.

Auch für die Zulassung eines Arzneimittels ist es notwendig, dass die Produktionsstätten GMP-konform sind. Im Zulassungsverfahren müssen Hersteller umfangreiche Dokumentationen zur Qualitätssicherung im Einklang mit der GMP vorlegen. Diese beinhalten das Qualitätsmanagementsystem, die Validierung und Qualifizierung von Ausrüstungen, Prozessen und Reinräumen sowie die Schulungen des Personals. Das AMG fordert, dass alle Phasen der Herstellung, Lagerung, Distribution und Kontrolle eines Arzneimittels qualitätsgesichert und dokumentiert erfolgen. GMP stellt die entsprechenden Prozeduren und Anforderungen bereit, die gewährleisten, dass jede Charge eines Arzneimittels den spezifizierten Qualitätserwartungen entspricht.

Warum ist dieses Wissen wichtig?

Für eine erfolgreiche Karriere in der Pharmaindustrie ist es essentiell, sich nicht nur mit dem AMG vertraut zu machen, sondern auch dessen Anwendungspraxis und die damit verbundenen GMP-Leitlinien zu kennen. Ob in Forschung und Entwicklung, Produktion, Qualitätsmanagement, Marketing oder in der Regulatorik – die Kenntnis dieser gesetzlichen Grundlagen ist für jede berufliche Praxis unerlässlich.

Um die Relevanz dieser Kenntnisse für Absolventen zu verdeutlichen, hier ein paar konkrete Beispiele:

  1. Die Entwicklung neuer Arzneimittel erfordert detaillierte Kenntnisse über die vorgeschriebenen klinischen Studien, die entsprechende Dokumentation und Bewertungskriterien für eine erfolgreiche Zulassung. Bereits in der Forschungsphase ist es wichtig, diese Anforderungen zu verstehen, um Studiendesigns zu erstellen, die sowohl wissenschaftlich fundiert als auch konform mit geltenden Vorschriften sind.
  2. Ein weiteres konkretes Beispiel für die Tragweite dieses Wissens zeigt sich im Qualitätsmanagement. Qualitätssicherung und -kontrolle sind zentrale Aspekte bei der Herstellung von Arzneimitteln. Ein umfassendes Verständnis von GMP-Standards ist notwendig, um Qualitätsmängeln vorzubeugen und um zu gewährleisten, dass jedes produzierte Arzneimittel die erforderlichen Spezifikationen erfüllt. Das umfasst auch den korrekten Umgang mit Abweichungen und die Implementierung von Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen im Herstellungsprozess.
  3. Des Weiteren spielt das regulatorische Wissen auch in der Kommunikation mit Behörden eine wichtige Rolle. Die Interaktion mit dem BfArM, der EMA oder anderen regulatorischen Institutionen erfordert ein fundiertes Verständnis der relevanten gesetzlichen Bestimmungen, um effektive Zulassungsstrategien zu entwickeln.

Naturwissenschaftler und Naturwissenschaftlerinnen mit Expertise in AMG und GMP sind nicht nur wertvolle Mitarbeiter in der Arzneimittelindustrie, sondern haben auch das Potenzial, Führungsrollen bei Arzneimittelzulassung, Qualitätsmanagement sowie Forschung und Entwicklung zu übernehmen. Ein tiefes Verständnis rechtlicher Rahmenbedingungen schafft darüber hinaus das Fundament für Innovation und Fortschritt bei der Entwicklung neuer Therapieformen. In einem Berufsfeld, das von ständiger Veränderung und Verbesserung lebt, ist die kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesen Themen der Schlüssel zu einer erfolgreichen und erfüllenden Karriere.

Die Take-Home-Message:

  • Auch wenn das Arzneimittelgesetz auf den ersten Blick als ein eher trockenes Thema erscheinen mag, so zeigt die Geschichte, dass es das Fundament bildet, auf dem sichere und wirksame medizinische Therapien aufbauen.
  • Für Naturwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen, die in der Pharmaindustrie Fuß fassen möchten, ist es unentbehrlich, die gesetzlichen Regelungen zu kennen. Dieses Wissen erlaubt nicht nur eine sachkundige Navigation durch die komplexen Verfahren bei der Erforschung, Herstellung und Zulassung von Arzneimitteln, sondern ist auch ein fundamentaler Baustein für die berufliche Entwicklung und das Fortkommen in einem stark regulierten Umfeld.
  • Eine GMP-Fortbildung ist in diesem Zusammenhang ein wertvolles Instrument, um in der Praxis die Anforderungen an moderne Pharmaprodukte zu verstehen und anzuwenden. So kann man nicht nur einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung leisten, sondern auch die eigene berufliche Qualifikation maßgeblich erweitern.