Editorial

Durchstarten in der Life-Science-Industrie (12)
Erfolgsfaktoren für die Gründung eines Life-Science-Unternehmens

Morna Gruber, Laborjournal 5/2023


(15.05.2023) Welche Kenntnisse, Eigenschaften und Denkweisen ermöglichen es, ein erfolgreicher Unternehmer oder eine erfolgreiche Unternehmerin in der Life-Science-Branche zu werden? Ein umfassender Blick auf die betriebswirtschaftliche Denkweise anhand eines Ausflugs in die Gründungsgeschichte einer bekannten Medizinprodukte-Firma.

Am besten lernt man bekanntlich an konkreten Beispielen. Daher möchte ich im heutigen Artikel vor allem anhand der Leistungen des Medizinprodukte-Entwicklers Paul C. Beiersdorf und des Unternehmers Oskar Troplowitz aufzeigen, wie man ein Life-Science-Unternehmen gründet, strategisch am Markt positioniert und nachhaltig erfolgreich macht.

Zeichnung des Firmengründers Paul Beiersdorf
Machte einiges, aber noch nicht alles richtig: Firmengründer Paul Beiersdorf Zeichnungen (3): HOX Life Science GmbH
Oskar… – wer?

Die meisten Leser kennen Oskar Troplowitz nicht – und wundern sich jetzt womöglich darüber, dass ich ihn hier als Vorbild ankündige. Tatsächlich wurde auch ich nur zufällig auf ihn aufmerksam und fragte mich damals erstaunt, warum er trotz seines großen Erfolgs weithin unbekannt ist.

Wie also bin ich damals auf ihn aufmerksam geworden? Vor ein paar Jahren war ich auf der Suche nach einem neuen Hörbuch für einen langen Wochenend-Spaziergang. Beim Stöbern erregte schließlich ein bestimmter Klappentext meine Aufmerksamkeit. Die entsprechende Handlung rankte sich um ein Hamburger Unternehmerpaar rund um die vorletzte Jahrhundertwende. Die Protagonisten hießen Oskar und Gertrud Troplowitz, und das Buch versprach, den Apotheker und seine Frau bei der Unternehmensgründung und -entwicklung in den Jahren von 1889 bis 1918 zu begleiten. Ich dachte mir: „Hey, super!“ Vor allem, da ich historische Romane aus dieser Zeit des großen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, wissenschaftlichen und kulturellen Umschwungs liebe. Und dann war auch noch ein Naturwissenschaftler, der ein Unternehmen gründete, die Hauptperson. Also kaufte ich es.

Schon nach kurzem Hören stellte ich fest, dass es sich bei dem Unternehmen um die Firma Beiersdorf handelte. Und ich dachte mir: „Wie kann das sein? Die Firma Beiersdorf ist mit ihren Marken Nivea, Labello, Hansaplast und Tesa derart bekannt – wieso habe ich noch nie von Oskar Troplowitz gehört? Außerdem heißt die Firma doch Beiersdorf, müsste dann der Gründer nicht ein Herr Beiersdorf gewesen sein? Hat die Autorin sich das alles nur ausgedacht?“

Ich fing also an, nach historisch korrekten Informationen zu recherchieren. Und je mehr ich über die gesamte Entstehungsgeschichte der Firma Beiersdorf mit Paul Beiersdorf, Oskar Troplowitz und einem gewissen Dr. Unna erfuhr, desto begeisterter wurde ich. Vor allem Oskar Troplowitz hatte es mir angetan, denn es stellte sich heraus, dass er ein mutiger, strategisch denkender und sozial eingestellter Vorzeige-Unternehmer war. Aber auch Paul C. Beiersdorf faszinierte mich – einerseits mit seinen Macherqualitäten und andererseits durch seine kreativen Produktentwicklungen mit Schwerpunkt auf höchster Qualität für Therapie und Anwendung.

Lassen Sie uns also gemeinsam schauen, was wir von Beiersdorf und Troplowitz lernen können.

Zeichnung des Dermatologen Paul Unna
Beiersdorfs „Key Opinion Leader“: Dermatologe Paul C. Unna
Paul C. Beiersdorf und Paul G. Unna – wie alles begann

1880 ließ sich der damals 44-jährige Apotheker Paul C. Beiersdorf (1836-1896) in Hamburg nieder und kaufte eine Apotheke in der Nähe der St. Michaeliskirche. Beiersdorf war voller Ideen und Tatkraft, vom Charakter her aber eher Wissenschaftler und weniger strategisch denkender Unternehmer. Folglich hatte er sich nicht sonderlich über den wirtschaftlichen Status der Apotheke informiert, die er gekauft hatte. Diesbezüglich stellte sich heraus, dass sein Vorgänger keinen guten Ruf bei den umliegenden Ärzten hatte – weshalb diese ihre Patienten und Patientinnen in andere Apotheken des Viertels schickten. Außerdem handelte es sich um ein ärmliches Viertel – die Menschen, die dort wohnten, verfügten also nicht über eine große Kaufkraft.

Die wirtschaftliche Situation der Apotheke war desolat. Mit einem Blick in die Buchhaltung und einer Standortanalyse hätte er dies leicht feststellen können, aber so tickte Paul Beiersdorf nicht. Stattdessen war er rein interessengeleitet in seinen beruflichen Entscheidungen und eher ein kurzentschlossener Macher.

Beiersdorf mangelndes betriebswirtschaftliches Denken hatte ihn folglich in eine heikle Situation gebracht. Aber sein naturwissenschaftlicher „Spirit“ half ihm wieder heraus. Die Apotheke verfügte über ein kleines Labor – und so kam Beiersdorf auf die Idee, Labordienstleistungen anzubieten. Er sprach die Ärzte der Umgebung darauf an und konnte mit dem damals noch etwas ungewöhnlichen Konzept tatsächlich überzeugen.

Im Laufe dieser „Ärzte-Werbung“ traf er unter anderem auch Dr. Paul Gerson Unna (1850-1929). Dieser sollte sich als Pionier und Grundsteinleger der modernen Dermatologie entpuppen. Daneben galt er auch als hervorragender Histologe, der beispielsweise als Erster das Stratum granulosum der Haut beschrieb. Unna betrieb zunächst eine dermatologische Praxis, gründete später ein Krankenhaus und entwickelte neue diagnostische Verfahren und Therapien, die bis heute in der Dermatologie eingesetzt werden. So entdeckte er etwa die Wirkung von Ichthyol, auch bekannt als Zugsalbe. Daneben machte sich Unna auch einen Namen als bedeutender Lehrer und Ausbilder; an der von ihm gegründeten Akademie, die er „Dermatologicum“ nannte, unterrichtete er Dermatologie für Studenten, Ärzte und Apotheker – bis er später als Professor auf den ersten Lehrstuhl für Dermatologie an der Universität Hamburg berufen wurde.

Als Paul Unna Beiersdorf traf, war er schon längere Zeit auf der Suche nach einer effektiven Möglichkeit, arzneimittelhaltige Salben so auf die Haut aufzubringen, dass sie rutschfest an Ort und Stelle blieben, um eine standardisierte Dosierung der Wirkstoffe zu ermöglichen. Unter seiner beratenden Mitwirkung entwickelte Beiersdorf daraufhin ein selbstklebendes Pflaster – das Guttaperchapflaster –, dessen Mullbereich mit den jeweils benötigten Wirkstoffen in gewünschter Dosierung präpariert werden konnte und als fertiges therapeutisch wirksames Medizinprodukt von ihm bezogen werden konnte.

Dank der engen Zusammenarbeit mit Unna, der Beiersdorf nicht nur medizinisch beriet, sondern die Pflaster auch in seiner Klinik einem stetigen Realitäts- und Qualitätstest unterzog, entwickelte er letztlich ein bahnbrechendes Verfahren zur Herstellung von selbstklebenden medizinischen Pflastern – und meldete das Guttaperchapflaster am 28. März 1882 zum Patent an. Dieses Datum der ersten Patentanmeldung gilt auch als Gründungsdatum der Firma Beiersdorf.

In der Folge setzten Beiersdorf und Unna ihre Zusammenarbeit fort, in deren Rahmen Ersterer weitere Medizinprodukte entwickelte – wie etwa Jodoformstifte und medizinische Seifen. Die Guttaperchapflaster blieben aber der Top-Seller.

Hinsichtlich seiner Produkte sprach sich Beiersdorf ausdrücklich gegen „Reklame machen“ aus, er wollte schlichtweg mit Qualität überzeugen. Daher wies er auch explizit auf deren hohe Qualität hin, indem er beispielsweise „nach Angaben von Dr. Unna“ oder „nach Dr. P.G. Unna“ auf die Verpackungen aufdrucken ließ. Überdies veröffentlichte wiederum Unna wissenschaftliche Artikel in dermatologischen und pharmazeutischen Fachzeitschriften und hielt Vorträge auf Kongressen, worin er den hohen therapeutischen Nutzen der mit Wirkstoffen versehenen, selbstklebenden Guttaperchapflaster von Paul Beiersdorf beschrieb. Unna war also nicht nur ein essentieller Partner im Rahmen der Entwicklung, vielmehr war er auch wichtig für den Vertrieb. Andere Ärzte und Apotheker wurden durch Unnas Artikel und Vorträge auf die Medizinprodukte aufmerksam, vertrauten dem berühmten Kollegen – und nutzten die Pflaster künftig auch im Rahmen ihrer Therapien.

Dass Beiersdorf sich so ausdrücklich gegen „Reklame“ ausgesprochen hat und offenbar intuitiv eine Strategie aus dem heutigen Pharmamarketing zur Bekanntmachung seiner Produkte verwendet hat, ist besonders bemerkenswert. Eine zentrale Marketingmaßnahme des heutigen Pharmamarketings bildet nämlich in der Tat die Bekanntmachung der Produkte über Meinungsbildner, sogenannte Key Opinion Leader – also Ärzte und Ärztinnen, die Koryphäen auf ihrem Indikationsgebiet sind und deren Meinung deshalb einen hohen Stellenwert bei den Fachkollegen hat. Wenn diese fachlich hoch angesehenen Ärzte und Ärztinnen sich für eine bestimmte Therapieform oder für ein bestimmtes Medikament aussprechen, hat das sehr wahrscheinlich hohen Einfluss auf den Verkaufserfolg des Produktes.

Demnach hat Beiersdorf seine Produkte mithilfe von Paul Unna also sehr wohl „beworben“. Allerdings sah er das nicht als Werbung an, sondern als Beschreibung der Wissenschaftlichkeit, des therapeutischen Nutzens und der standardisierten hohen Qualität der Produkte. Damit erfüllte er überdies exakt die Vorgaben des heutigen Heilmittelwerbegesetzes, das in §74a AMG eine Informationspflicht durch die Pharmaunternehmen festsetzt, gleichzeitig aber auch vorschreibt, dass die Person, die über das Medikament informiert, ausreichende Sachkenntnis haben muss: „Wer als pharmazeutischer Unternehmer Fertigarzneimittel [...] in den Verkehr bringt, hat eine Person mit der erforderlichen Sachkenntnis und der zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Zuverlässigkeit zu beauftragen, die Aufgabe der wissenschaftlichen Information über die Arzneimittel verantwortlich wahrzunehmen (Informationsbeauftragter).“ Folglich hat Beiersdorf bereits nach den hohen Standards des heutigen Heilmittelwerbegesetzes gehandelt, lange bevor es existierte.

Am 29. März 1890 traf Beiersdorf dann ein extremer Schicksalsschlag: Sein 16-jähriger Sohn Carl erschoss sich mit der Pistole seines Vaters, weil er das Klassenziel nicht erreicht hatte und nicht versetzt wurde. Paul Beiersdorf zog der Selbstmord seines Sohnes den Boden unter den Füßen weg, sodass er am 21. Mai 1890 in der Pharmaceutischen Zeitschrift ein Inserat veröffentlichte, in dem er seine „Fabrik und Lager chem.-pharm. Apparate u. Utensilien, nuri Engros“ für „70 000 M“ zum Kauf anbot. Zu diesem Zeitpunkt hatte seine kleine Manufaktur insgesamt elf Angestellte: acht Arbeiter zur Herstellung der Pflaster, einen Laboranten und zwei Vertriebsmitarbeiter. Die Produktion der Guttaperchapflaster war von 6.900 Metern im Jahr 1884 auf 31.000 Meter im Jahr 1889 angestiegen, und Beiersdorf hatte Kunden im ganzen Deutschen Reich wie auch einige im europäischen Ausland.

Oskar Troplowitz – der Marketingpionier

Oskar Troplowitz, ein 27-jähriger Apotheker aus Breslau mit großem Interesse an Forschung und Entwicklung inklusive einer ausgeprägten unternehmerischen Denkweise, las die Anzeige und schickte Beiersdorf einen Brief. In diesem untermauerte er sein Interesse mit Fragen zur betriebswirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Beiersdorf jedoch reagierte unwirsch – und zeigte sich auch in nachfolgenden Briefen verständnislos gegenüber Troplowitz’ beharrlichem Nachfragen zu betriebswirtschaftlichen Themen.

Zeichnung des Unternehmers Oskar Troplowitz
Mit aufgeklärtem Menschenbild zum Unternehmenserfolg: Oskar Troplowitz

Schon in dieser ersten Phase des Kennenlernens zeigten sich die sehr unterschiedlichen Charaktere von Beiersdorf und Troplowitz: Beiersdorf war stark fokussiert auf die Entwicklung der Produkte, wohingegen Troplowitz ein Unternehmen umfassender betrachtete – und verstand, dass für einen langfristigen wirtschaftlichen Erfolg gute Produkte zwar die Basis bilden, aber alleine nicht zwangsläufig ausreichen.

Oskar Troplowitz reiste schließlich zusammen mit seinem Schwiegervater, der ebenfalls Apotheker war, nach Hamburg – nicht nur, um Beiersdorf persönlich zu treffen, sondern auch, um sich bei Paul Unna über das Unternehmen, Paul Beiersdorf und das Potenzial der Produkte zu informieren. So begann die Zusammenarbeit zwischen Oskar Troplowitz und Paul Unna, die ähnlich wie zuvor Unna und Beiersdorf ein hocheffizientes Produktentwicklungs-Team wurden.

Mithilfe der Mitgift seiner Frau Gertrud und einem Kredit seines Schwiegervaters kaufte Oskar Troplowitz am 1. Oktober 1890 Beiersdorfs Unternehmen. Und wieder zeigte sich, wie weitsichtig Oskar Troplowitz seine Entscheidungen traf und dass er sein Ego im Griff hatte: Er änderte den Namen des Unternehmens nicht, sondern behielt den Namen Beiersdorf bei. Dafür hatte Troplowitz zwei Gründe:

  1. Auch wenn das Unternehmen noch recht klein war, hatte der Name Beiersdorf durch die Guttaperchapflaster in dermatologischen Fachkreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt. Diesen Vorteil wollte Troplowitz nicht durch eine Namensänderung verspielen.
  2. Troplowitz war jüdischen Glaubens. Gegen jüdische Geschäftsleute herrschten damals mehr oder weniger große Ressentiments. Er wollte nicht, dass sich durch seinen jüdischen Hintergrund und die Verwendung seines osteuropäischen Namens diese Ressentiments auf die Firma übertrugen.

Troplowitz pflegte aber nicht nur eine ausgeprägte unternehmerische Denkweise, er war selbst auch – wie Beiersdorf – stark an Forschung und Entwicklung interessiert. Folgerichtig erkannte er sofort das Potenzial der Beiersdorf-Produkte wie auch die künftigen Möglichkeiten, die die weitere Zusammenarbeit mit Paul Unna bot. Im Zuge dessen brachte Troplowitz 1911 mit Nivea die erste stabile Wasser-in-Öl-Emulsion auf den Markt. Zuvor hatte der Chemiker Issac Lifschütz mit Eucerit einen Emulgator zur Verbindung von Wasser und Öl entdeckt. Troplowitz erwarb das Patent von Lifschütz und stellte ihn als leitenden Chemiker an.

Troplowitz erkannte schlichtweg die Zeichen der Zeit, und was diese für die Unternehmensentwicklung bedeuteten. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erlebte das Deutsche Kaiserreich einen wirtschaftlichen Aufschwung, der auch als Gründerzeit bezeichnet wird. Dieser wirtschaftliche Aufschwung sorgte für eine wachsende Mittelklasse mit steigender Kaufkraft, was wiederum die Nachfrage nach Hautpflege- und Zahnhygieneprodukten anschob. Diese Marktlage erkannte Troplowitz und machte sie sich zunutze. Seine Strategie zur weiteren Unternehmensentwicklung lässt sich demnach in folgenden Schlagworten zusammenfassen:

  • Innovationsfähigkeit: Troplowitz war stets auf der Suche nach neuen und verbesserten Produkten. Dazu investierte er viel in die Forschung und Entwicklung, um regelmäßig neue Produkte zu entwickeln – und auf den Markt zu bringen.
  • Patentrecht: Im Deutschen Kaiserreich wurden Gesetze eingeführt, die Patente schützten und das geistige Eigentum von Erfindern und Unternehmen stärkten. Troplowitz nutzte diese Gesetze, um sein Geschäft mithilfe patentgeschützter Entwicklungen weiter auszubauen.
  • Markenidentität und Markenpflege: Troplowitz erkannte frühzeitig das Potenzial von Markennamen und entwickelte unverwechselbare Produktmarken wie Nivea und Labello, die dadurch einen hohen Wiedererkennungswert bekamen und sich leicht einprägten. Durch das Anbieten einer hohen Produktqualität und gezieltes Marketing pflegte er den guten Ruf seiner Marken weiter.
  • Marketingmaßnahmen (Werbung): Troplowitz war immer auf der Suche nach geeigneten Kanälen, um seine Markenprodukte bei der Zielgruppe zu bewerben. So nutzte er etwa Werbung auf Bussen und Litfaßsäulen, Anzeigen in Zeitungen, wissenschaftliche Artikel in Fachzeitungen mit ihm und Paul Unna als Autoren, Vorträge auf Kongressen, Radiowerbung und ab 1915 sogar Werbefilme.
  • Kundenorientierung: Troplowitz war stets bemüht, die Bedürfnisse seiner Kunden zu verstehen und Produkte zu entwickeln, die diesen Bedürfnissen entsprachen.
  • Internationale Ausrichtung: Troplowitz expandierte frühzeitig ins Ausland und passte seine Produkte und Marketingstrategien an die Bedürfnisse der jeweiligen Regionen an.
  • Soziale Verantwortung für Mitarbeiter: Troplowitz war ein äußerst sozial eingestellter Unternehmer. Er führte über die Jahre eine Vielzahl an Maßnahmen für seine Arbeiter und Angestellten ein – wie etwa: Gründung einer Unterstützungskasse für Notfälle sowie eine Betriebsrente, Einführung von Mutterschutzzeiten und Einrichtung eines Betriebskindergartens („Stillstube“), Eröffnung einer Kantine, sukzessive Reduzierung der Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich auf 48 Stunden, Einführung von Urlaubstagen und Weihnachtsgeld.

Nicht nur durch die Stillstube und Mutterschutzzeiten illustrierte Troplowitz Sinn für die Förderung von Frauen. So stellte er etwa auch zwei studierte Chemikerinnen als Produktentwicklerinnen ein – zu einer Zeit, in der Frauen weithin nicht mal Abitur oder ein Studium zugetraut wurde. Zudem setzte Troplowitz sich auch außerhalb seiner unternehmerischen Tätigkeit in der Kommunalpolitik für bessere Lebensbedingungen in sozial benachteiligten Hamburger Stadtteilen ein. Und auch Kultur und Kunst förderte er zusammen mit seiner Frau Gertrud.

Troplowitz war demnach zu seiner Zeit ein im besten Sinne aufgeklärter Mensch, der nicht nur als Unternehmer erfolgreich war. Wobei sicherlich besonders hervorgehoben werden muss, dass er in einer Zeit, in der die Ausbeutung der unteren Klassen in der Gesellschaftsstruktur fest verankert war, seiner sozialen Verantwortung gerecht wurde und eine ungewöhnlich arbeitnehmerfreundliche Unternehmenskultur schuf.

Take-Home-Message

Bei der Analyse von Troplowitz‘ Unternehmensstrategie und Führungsstil haben wir am Ende sieben Erfolgsfaktoren herausgearbeitet: Innovationsfähigkeit, Patentschutz, Markenidentität- und Markenpflege, Werbung, Kundenorientierung, internationale Ausrichtung und Mitarbeiterentwicklung durch Wahrnehmen der sozialen Verantwortung. Bei Beherzigung dieser Faktoren wird man auch heute noch viele Unternehmen zu langfristigem Erfolg führen können.