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Die Community ist
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(18.03.2024) Nach zehn Jahren steht der German Biobank Node so gut da wie nie, jetzt muss nur noch die langfristige Finanzierung gesichert werden. Die Hoffnung ins BMBF ist groß.
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Möchte man als Forschungs­einrichtung langfristig finanziell abgesichert sein und nicht monatlich mit den Budgets jonglieren müssen, braucht man institutionelle Förderung. Die ist nicht projekt­abhängig und daher stabiler. Den Sprung von projekt­bezogener zu langfristiger Finanzierung möchte derzeit auch der German Biobank Node (GBN) schaffen zusammen mit seinen Biobanken an 36 universitären Standorten. Der GBN ist der nationale Knoten der akademischen humanen Biobanken in Deutschland und ist selbst wiederum Teil des europäischen Biobanken-Netzwerks BBMRI-ERIC. So sollen Bioproben und dazugehörige Daten für Forschende in ganz Deutschland und Europa greifbar sein, egal wo sie sich befinden.

Nächste zwei Jahre abgesichert

Eine langfristige Finanzierung ist dabei essentiell, sagen Sara Nußbeck und Cornelia Specht, die auf unterschiedlichen Posten die Geschicke des GBN lenken. Sara Nußbeck ist die neu gewählte Sprecherin des GBN, sie leitet die Arbeitsgruppe Fortbildung und Training des deutschen Biobankennetzwerks (wir sprachen mit ihr 2020 über Fort-und Weiterbildungsmöglichkeiten für TA) und darüber hinaus die Zentrale Biobank an der Universitätsmedizin Göttingen. Cornelia Specht ist schon seit zehn Jahren Geschäftsführerin und koordiniert die zentrale Geschäftsstelle des GBN an der Charité Berlin. „Der GBN wird seit seiner Gründung vor zehn Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Diese Projektfinanzierung ist momentan in der dritten Förderphase bis Ende 2025“. Außerdem habe der GBN kürzlich drei EU-Projekte eingeworben oder ist an solchen beteiligt, wie die Geschäftsführerin weiter ausführt. „Für eines dieser Projekte, das vom europäischen Netzwerk BBMRI-ERIC koordiniert wird, erhalten wir 650.000 Euro.“ Diese Infra­struktur­förderung der EU läuft von Anfang dieses Jahres bis Ende 2026. Specht unterstreicht: „Das sichert uns jetzt erst einmal über die nächsten zwei Jahre hinweg. Aber wir sind natürlich auch schon in Verhandlungen für die Zukunft und suchen ein langfristiges Zuhause – zumal mit einer Drittmittelförderung immer zusätzliche Aufgaben einhergehen.“

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Weitermachen und ausbauen

Ein solches langfristiges Zuhause können sich die beiden Frauen im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) vorstellen, das 2020 während der Corona-Pandemie auf die Beine gestellt wurde. „Da wir auch an fast allen Universitätsstandorten vertreten sind, entstand die Idee, uns hier zu integrieren,“ erzählt Cornelia Specht. Sie findet die Idee vielversprechend, da die Biobanken ja ohnehin im Rahmen der Forschung in der Universitätsmedizin arbeiten. Über die institutionelle Förderung des NUM wird gerade mit dem BMBF verhandelt und die Hoffnungen sind groß, dass die Förderung trotz der eng geschnürten Budgets bewilligt wird. Sollte diese Hürde bewältigt sein, wird auch die Integration des GBN ins NUM verhandelt werden. Ein solches langfristiges Zuhause mit stabiler institutioneller Förderung gäbe dem GBN eine gute Zukunfts­perspektive, glaub Specht: „Nach zehn Jahren, in denen wir die German Biobank Alliance mit einem umfassenden Qualitätsprogramm und einer IT-Infrastruktur aufgebaut haben, wollen wir natürlich weitermachen und unsere Angebote möglichst noch ausbauen!“

Die 36 Biobanken-Standorte selbst werden unabhängig vom GBN finanziert, erklärt GBN-Sprecherin Sara Nußbeck. Bei den meisten setzt sich die Förderung aus vier Komponenten zusammen. Zum einen durch die Träger­einrichtungen, also Fakultäten oder Universitätskliniken, hinzu kommen Drittmittelprojekte sowie Aufwands­entschädigungen der Forschenden. „Wenn ich etwa eine Studie durchführen möchte, in deren Rahmen ich meine Proben qualitätsgesichert in der Biobank einlagere, wird dieser Arbeits­aufwand berechnet“, erklärt Nußbeck. Die vierte Säule sind Spenden, welche aber noch wackelig ist und in Deutschland noch nicht besonders etabliert.

Laut Nußbeck schwankt die Basisförderung zwischen den einzelnen Standorten leider sehr stark und ist nicht sehr stabil. Das sei gerade für Biobanken ein großes Problem, weil sie auf speziell ausgebildetes Personal angewiesen sind. „Und wenn diese speziell ausgebildeten Leute immer nur auf befristeten Stellen sitzen und nicht wissen, wie es in einem Jahr weitergeht, ist das natürlich keine Perspektive.“ Hier würden höhere Haushaltsmittel für die Fakultäten und Unikliniken durch die Bundesländer helfen, die eine nachhaltige Finanzierung der Biobanken und anderer Forschungs­infrastrukturen gewährleisten würden.

Berlin 20, Rom 120 Proben

Auf europäischer Ebene ist die Finanzierungssituation etwas entspannter, wie Cornelia Specht berichtet: „Die Mitgliedsländer des BBMRI-ERIC zahlen Mitgliedsbeiträge, die anteilig nach dem Bruttoinlandsprodukt berechnet werden. Für Deutschland trägt das BMBF diese Kosten.“ Das führt nur dann zu Problemen, wenn ein großes Land das Netzwerk verlässt, so wie es 2022 geschah. „Als das Vereinigte Königreich ausgetreten ist, brach plötzlich ein großer Teil des Budgets weg – das war eine Herausforderung“, erinnert sich die GBN-Geschäftsführerin.

Dabei ist gerade die europäische Vernetzung so wichtig – so wurde das europäische Suchportal kürzlich um zwei neue Tools erweitert und hat nun insgesamt drei Komponenten: das Directory, den Locator (der auf dem „Sample Locator“ des GBN basiert) und den Finder. Dazu erklärt GBN-Sprecherin Nußbeck: „Das Directory funktioniert wie die Gelben Seiten, nur eben für biologische Sammlungen. Im Sample Locator kann man Proben nach verschiedenen Kriterien suchen“. Also etwa eine Blutprobe von Patienten mit einer Hyper­leukozytose. Alle in Europa angeschlossenen Biobanken führen diese Anfrage dann lokal automatisiert aus und geben Rückmeldung. „Dann bekomme ich Antworten, zum Beispiel: Berlin hat 20 solcher Proben, Rom 120 und Prag 50. Anschließend kann man über einen implementierten ‚Negotiator‘ direkt mit den Biobanken in Verhandlung treten.“ Im letzten Schritt gewährt der Finder Zugang zu einer Datensammlung, die Genom- und Phänotyp-Informationen zu den Proben bereithält.

Die größte Errungenschaft des deutschen Netzwerks sei allerdings die Community selbst, unterstreichen beide Frauen. Specht: „Wir haben eine unheimlich starke Community aufgebaut, in der fast alle univer­sitäts­medizinischen Standorte vertreten sind.“ Und Nußbeck fügt hinzu, dass die Community Bestand habe, jeder wisse, wen er anrufen und zu unterschiedlichsten Themen fragen könne. Vor allem aber gebe es kein Konkurrenzdenken, sondern sehr viel Vertrauen und Offenheit.

Karin Lauschke

Bild: GBN


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Letzte Änderungen: 16.03.2024