Editorial

Effektives Paper-Marketing

(11.10.2023) Bei der Sichtbarkeit einer Veröffentlichung geht es nicht um Phrasendrescherei, sondern eine strategisch geschickte Auswahl von Wörtern.
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Wird der Abstract einer Publikation nicht gelesen, weil er sehr ungeschickt formuliert wurde, können selbst bahnbrechende Forschungs­ergebnisse schnell in der Bedeutungslosigkeit versinken. Für das berufliche Überleben von Forschenden ist es essenziell, möglichst oft zitiert zu werden. Das geschieht aber nur, wenn Titel, Abstract und Keywords einer Publikation so gewählt sind, dass sie von Suchmaschinen gefunden werden – und zudem auch die potenziellen Leser und Leserinnen dazu animieren, den Inhalt des Papers genauer anzuschauen.

Wer eine Publikation sucht, gibt dazu entsprechende Suchbegriffe in Portalen wie PubMed, Web of Science oder Scopus ein und erhält eine Ergebnisliste, die nach Relevanz sortiert ist. Die Such­algorithmen durchstöbern Titel, Abstract sowie die Keywords der Publikationen nach dem gesuchten Wort, übersehen dabei aber in der Regel Synonyme oder alternative Schreibweisen. Abstracts oder Keywords, die die „falschen“ Synonyme oder Abkürzungen enthalten, liefern hierdurch keine Treffer und bleiben unentdeckt.

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Keine Art im Titel!

Eine internationale Gruppe untersuchte anhand von 237 Journalen aus der Ökologie und Evolutions­biologie, wie sich die Richtlinien für die Autoren (Author Guidelines) hinsichtlich Titel, Abstract und Keywords auf die Sichtbarkeit der Publikationen auswirken. Aus ihren Ergebnissen leitete sie zehn Empfehlungen ab, mit denen sich verhindern lässt, dass Paper von Suchmaschinen und der Wissenschaftsgemeinde übersehen werden.

Das Team schlägt zum Beispiel vor, im Titel keine wissenschaftliche Bezeichnung für eine Art zu verwenden, da dies den Kreis möglicher Leser und Leserinnen unnötig einschränke. Tatsächlich stellte sich in einer Studie heraus, dass Publikationen mit einem konkreten Spezies-Namen im Titel 32 Prozent weniger häufig zitiert wurden als Paper, die hierauf verzichteten (Ecol Evol, 5(10): 1970-80).

Der Titel sollte aber auch keine falschen Erwartungen wecken. Als Beispiel nennt die Gruppe eine Studie zur Wärmetoleranz der Streifen­köpfigen Bartagame. Hier ist der Titel „Thermal tolerance of a reptile“ wesentlich präziser als die Phrase „Thermal tolerance of reptiles“. Der lateinische Name Pogona vitticeps für die Bartagame ist bei den Keywords besser aufgehoben als im Titel.

Nicht lang, aber lustig

Auch übermäßig lange Titel kommen bei Editoren und vermutlich auch bei der Leserschaft nicht so gut an. Zudem rät das Team genau zu prüfen, ob der gewählte Titel nicht schon von anderen Autoren in einer Publikation verwendet wurde. Ein humorvoller Titel wirkt sich hingegen eher positiv auf die Wahrnehmung und Zitier­häufigkeit einer Publikation aus (Facets, 8(1):1-15).

Das richtige Maß zwischen präzisen Formulierungen und möglichst breiter Ansprache einer großen Leserschaft zu finden, ist nicht leicht. Insbesondere Überbegriffe sollten daher das Besondere einer Studie erkennen lassen, aber auch nicht zu eng gefasst sein. Nur so fühlen sich sowohl Kollegen und Kolleginnen des eigenen Fachs als auch Leser und Leserinnen aus entfernteren Disziplinen angesprochen.

Viele Journals empfehlen Autoren den Abstract in die Abschnitte „Introduction, Methods, Results and Discussion“, kurz IMRAD, zu strukturieren. Daran hat die Gruppe nichts auszusetzen, sie hat dazu aber noch einige Tipps. Für die Ergebnisse genügen ihrer Meinung nach ein bis drei wohlüberlegte klare Sätze. Diese sollten weder statistische Detail­informationen enthalten noch Formulierungen, die nur Spezialisten verstehen können.

Gut erzählt, häufig zitiert

Wer es dann noch schafft, im Abstract eine kleine Geschichte zu erzählen, hat gute Chancen, dass das eigene Paper nicht im Dschungel der vielen Veröffentlichungen untergeht. Wie ein narrativer Stil aussehen sollte, wird zwar von jedem Leser und jeder Leserin subjektiv bewertet, doch es gibt dafür auch Indikatoren, die sich objektiv messen lassen. Zumindest in den Umwelt­wissenschaften finden sich Abstracts mit narrativem Stil häufiger in gutzitierten Publikationen sowie in Journals mit höherem Impact-Faktor (PLoS ONE, 11(12): e0167983).

Auch für die Editoren der Journals hat das Team einige Ratschläge parat. So sollte insbesondere die Zahl der Keywords nicht zu eng bemessen sein, da jedes zusätzliche Wort die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Artikel gefunden wird. Die in vielen Journals begrenzte Länge des Abstracts auf 250 Wörter oder teils noch weniger ist nach Meinung der Autoren zu knapp. Andererseits sollten Forschende großzügigere Grenzen für die Länge des Abstracts auch ausschöpfen – denn selbst wenn 500 Wörter erlaubt waren, verwendeten sie für den Abstract durchschnittlich nur 300 Wörter.

Andrea Pitzschke

Pottier P. et al. (2023): Keywords to success: a practical guide to maximise the visibility and impact of academic papers. BioRxiv, DOI: 10.1101/2023.10.02.559861.

Bild: Pixabay/geralt & Rouhiainen A. et al.



Letzte Änderungen: 11.10.2023