Brillantes
Wunderwuzzi-Molekül
(05.04.2023) Eine durch Mutation evolvierte, optimierte mScarlet-Variante ist dem Original und anderen rot fluoreszierenden Proteinen weit überlegen.
Heute schon was vor? Tiefseetauchen oder doch lieber Mikroskopieren? Die Chance, leuchtendes Rot bewundern zu können, besteht in beiden Fällen. Mitunter strahlt die abgekupferte Version sogar stärker als das Original.
Blumentiere wie Seeanemonen haben den Laborzugang zu rot fluoreszierenden Proteinen (RFPs) eröffnet, ähnlich wie Quallen jenen zu GFPs (siehe dazu auch „Grüner Leuchtmarker aus dem Meer“ auf LJ online). Seitdem wurde eifrig an den Sequenzen mutiert und frisiert, um einige Grundmäkel auszumerzen. RFPs sind zwar mit GFPs strukturell verwandt und falten sich auf ähnliche Weise, bilden jedoch Tetramere statt Monomere. RFPs als Protein-Tag oder für Oligomerisierungsstudien zu verwenden, ist daher oft keine gute Idee.
Nicht ganz zufrieden
RFPs bereichern aber die Farbpalette der Fluoreszenzmikroskopie und lassen sich mit langwelligerem (sprich sanfterem) Licht anregen. RFP-Varianten wie mCherry, mRuby3 oder FusionRed machen jedoch Abstriche bei der Leuchtkraft und/oder neigen zu Dimerisierung. Das Problem schien gelöst mit mScarlet, einer monomeren, Cystein-freien, leuchtstarken RFP-Variante. Zu ihr waren Theodorus Gadella Jr. von der Universität Amsterdam und Kollegen über eine Mutationsstrategie gelangt, ebenso wie zu einem etwas verbesserten Derivat, mScarlet-I (Nat Methods, 14(1):53-6).
Vollends zufrieden waren sie dennoch nicht. Zwar leuchtet das isolierte Protein an sich super (Anregung 540 nm, Emission 620 nm), doch zwischen Expression in der Zelle und aufscheinender Fluoreszenz vergeht deutlich mehr Zeit als bei anderen RFPs. Eine Weiteroptimierung von mScarlet per Zufallsmutagenese erwies sich als Sackgasse. Deshalb nahmen seine Erfinder gezielt die Umgebung von Threonin 74 ins Visier. Warum? Es ist die einzige Position, in der sich die verbesserte Version mScarlet-I vom Original unterscheidet.
Leuchtstark und robust
Mit mehreren Runden gezielter und Zufallsmutagenese gelangten sie schließlich zu mScarlet3. Es leuchtet 76 % stärker als mScarlet und verkürzt die Reifezeit auf ein Viertel. Gegenüber mCherry bedeutet das fünfmal stärkeres Leuchten bei gleicher Reifedauer. Obendrauf ist mScarlet3 außergewöhnlich robust bei hohem wie bei niedrigem pH und photostabil. Seine Fluoreszenzlebensdauer beträgt circa vier Nanosekunden. Auch bei 1.000 Scans am Konfokalmikroskop macht das ausdauernde Molekül nicht schlapp. Wie lässt sich dieses Wunderwuzzi-Verhalten erklären?
Mitverantwortlich könnte ein hydrophober Abschnitt sein, den die diversen Mutationen mit sich bringen. Kristallstruktur-Analysen zeigten, dass sich mScarlet3 kaum von mScarlet unterscheidet. Ein interessanter Aminosäure-Austausch kommt jedoch vor: Er ist analog jenem von GFP zu eGFP.
Um sich in die Reihe routinemäßig verwendeter RFPs einreihen zu können, muss mScarlet freilich noch mehr draufhaben. Hat es. In transfizierten HeLa-Zellen (nach 48 h) gab es keine Anzeichen von Cytotoxizität oder sonstige Auffälligkeiten. Fusioniert an diverse subzelluläre Markerproteine brachte der RFP-Tag Fluoreszenzsignale aus den zu erwartenden Ecken (Aktin, Zellkern, Mitochondrien, Peroxisome, Plasmamembran). Auch der Zebrabärbling exprimiert planmäßig – vom injizierten Plasmid oder von injizierter mRNA.
mScarlet3 schlägt mCherry
Für manches Vorhaben wird auch nützlich sein, dass mScarlet3 einer Paraformaldehyd-Fixierung standhält. Außerdem eignet es sich als FRET-Akzeptor in vivo. Es lässt sich von Emissionen eines benachbarten gelb fluoreszierenden Proteins (YFP) anregen. Für die Experimente wurden SYFP2 und mScarlet3 oder etablierte RFP-Vertreter mit einem Linker verbunden, und transfizierte HeLa-Zellen mit 500-nm-Licht (für die YFP-Anregung) bestrahlt. Hier ist es leistungsstärker als mCherry.
Zum Schluss sendet mScarlet3 einen kleinen Ostergruß. Schauen Sie mal genau auf die Aminosäure-Positionen 144-149. Na sowas!
Andrea Pitzschke
Gadella T. et al. (2023): mScarlet3: a brilliant and fast-maturing red fluorescent protein. Nat Methods, DOI: 10.1038/s41592-023-01809-y
Bild: fpbase.org