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Clevere Intein-Tags

(30.11.16) Protein-Reiniger verwenden meist His-Tags und Metall-Affinitätssäulen, um an ihre Lieblingsproteine heranzukommen. Intelligenter sind jedoch Intein-Tags, mit denen man die störenden Anhängsel viel leichter wieder los wird.
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Gängige Verfahren zur rekombinanten Proteinproduktion setzen auf Peptid-Tags, mit deren Hilfe sich das Wunschprotein aus einem komplexen Proteincocktail herausfischen lässt. Aber ob N- oder C-terminal, kurz oder lang: Der Peptid-Anker kann unvorhersehbare Auswirkungen auf die native Funktion des Proteins haben und dieses unter Umständen sogar komplett lahmlegen. Die Peptid-Anhängsel wird man nach der Reinigung des Proteins aber meist nicht mehr los. Sie zu entfernen ist oft unmöglich oder gelingt trotz hohem Aufwand nur unvollständig.

Wesentlich smarter sind dagegen Intein-Tags. Inteine können sich autokatalytisch aus Aminosäuresequenzen herausschneiden. Zurück bleiben Exteine, deren Enden über Peptidbindungen wieder zusammenfinden. Verknüpft man das Wunschprotein mit einem entsprechenden Intein, das wie ein klassischer Tag zum Beispiel an Affinitäts-Säulen bindet, so erhält man mit wenig Aufwand ein Wunschprotein ohne Tag: Ein äußeres Signal, etwa eine pH-, oder Temperatur-Änderung oder die Zugabe von DTT, induziert das Ausschneiden des Intein-Tags aus dem Wunschprotein. Während der Tag an der Affinitäts-Matrix hängen bleibt, löst sich das gereinigte Wunschprotein von der Säule.

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Besonders clever sind Konjugate aus Inteinen, etwa ΔI-CM aus Mycobacterium tuberculosis und Tags wie der Chitin-binding Domain (CBD) oder dem Elastin-like Polypeptide (ELP). ELP ist ein synthetisches Polymer aus Pentapeptiden (VPGXG), das bei einer definierten Temperatur oder Salzkonzentration reversibel ausfällt. Forscher setzen es deshalb als ELP-Präzipitations-Tag ein, mit dem sich ELP-getaggte Fusionsproteine durch einfache Temperatur-Zyklen- oder eine Salz-Behandlung reinigen lassen. Den ELP-Tag entfernt man in der Regel durch proteolytischen Verdau. Ist ELP jedoch mit dem Intein ΔI-CM verknüpft, so schneidet sich ΔI-CM-ELP nach einer simplen pH-Änderung aus dem Wunschprotein heraus.

Das ist jedoch noch nicht alles - das ΔI-CM Intein-Tag-System funktioniert auch im Hochdurchsatz-Format in Mikrotiterplatten. Die Gruppe des amerikanischen Intein-Spezialisten David Wood von der Ohio State University reinigte mit dem System exemplarisch die Proteine beta-Galaktosidase sowie Super-Folder-GFP im 24- beziehungsweise 96-Well-Maßstab (Anal. Biochem. 516, 65-74). Die beiden Proteine verknüpfte die Gruppe hierbei mit selbstschneidenden ΔI-CM-CBD- sowie ΔI-CM-ELP-Tags.

Ihr wichtigstes Zubehör für die Proteinreinigung waren Mehrkanal-Pipetten, 24-/96-Well-(Filter-)Platten sowie eine entsprechende Zentrifuge. Die in zwei Milliliter Medium angezogenen, IPTG-induzierten Zellkulturen aus 24-Well-Platten zentrifugierte die Gruppe zunächst ab. Anschließend resuspendierte sie die Zellen in Extraktionspuffer und transferierte die Zellsuspension in 96-Well-Filterplatten. Diese enthielten im Fall von ΔI-CM-CBD Chitin-Beads an die CBD bindet.

Theoretisch wäre die Anzucht auch in 96-well-Platten möglich. Dafür müsste aber ein hochtouriger Schüttler für eine ausreichende Belüftung sorgen. Da der Zellaufschluss mit Ultraschall in Mikrotiterplatten, je nach Well-Position, unterschiedlich effizient ist, verwendete das Team ein chemisches Zellaufschluss-Verfahren. Durch eine pH-Änderung induzierte die Gruppe schließlich über Nacht die Abspaltung von ΔI-CM-CBD und eluierte am Folgetag das gereinigte, Tag-freie Protein von den Beads.

Nicht viel komplizierter verlief die Reinigung mit dem ΔI-CM-ELP-Tag. Hier fällte die Gruppe die getaggten Proteine zunächst mit einer 0.8M Ammoniumsulfatlösung in einer Filterplatte und trennte sie hierdurch von den restlichen gelösten Proteinen ab, die den Filter passierten. Anschließend senkte das Team die Salzkonzentration, um das Fusionsprotein wieder zu lösen und wartete über Nacht bis sich der ΔI-CM-ELP-Tag aus dem Wunschprotein heraus geschnitten hatte. Zu guter Letzt gaben die Forscher wieder Salz zu, wodurch ELP erneut ausfiel und sich von dem gelösten Wunschprotein trennte.

Schwankungen bei der Reinigungs-Effektivität, etwa durch Positionseffekte innerhalb einer Multi-Well-Platte, treten nach Angaben der Gruppe nicht auf. Sowohl die Proteinausbeute als auch die Reinheit variieren minimal. Die Ausbeute für ΔI-CM-ELP-Tags ist jedoch durch eine schwächere Expressionsrate des ELP-Fusionsproteins generell etwas niedriger.

Natürlich macht es in der Praxis wenig Sinn, das gleiche Protein in dutzenden Wells getrennt voneinander zu reinigen - da ist ein einziger großer Erlenmeyerkolben und eine entsprechend große Affinitätssäule angebrachter. Wer aber zum Beispiel viele Versionen seines Wunschproteins, etwa Aminosäureaustausch-Varianten, parallel und ohne viel Aufwand isolieren will, sollte jetzt schon mal ein paar 96-Well-Filterplatten bestellen und sich das ΔI-CM-System besorgen.

 

Andrea Pitzschke



Letzte Änderungen: 07.02.2017