Editorial

Smarte Drugs statt krepierender Phones

(8.9.16) Samsung hat die Nase voll von explodierenden Telefonen und möchte zum weltgrößten Auftragshersteller pharmazeutischer Wirkstoffe aufsteigen.
editorial_bild

Samsung-Biologics-CEO Tae-Han Kim
© Samsung Biologic

Die spinnen, die Smartphone-Giganten: Apple macht mal wieder einen Riesenbohei um das neueste iPhone, das nicht mal eine profane Kopfhörerbuchse aufweist und trotzdem exorbitant teuer ist. Gähn… – kein Wunder, dass die Aktie des einstigen Überfliegers inzwischen zum kursstagnierenden Ladenhüter geworden ist und der Stellenwert des iPhones seit 2012 rückläufig ist (zuletzt hatte Apples Smartphone nur noch knapp 12 Prozent Marktanteil). 

Die Smartphones des südkoreanischen Hauptkonkurrenten Samsung hingegen sind so heiß, dass sie immer wieder mal unvermittelt explodieren. Beim „Galaxy Note 7“ sei das laut neuesten Medienberichten schon 35-mal passiert – schuld haben offenbar die billigen Akkus aus der Fertigung von Samsungs Tochterfirma SDI (offiziell ist die Rede von „Unstimmigkeiten bei den Akkuzellen“). 

Die amerikanische Luftfahrtbehörde überlegt angeblich bereits, das Samsung-„Glump“ in Passagierjets zu verbieten, während der Südkorea-Konzern seinen Kunden empfiehlt, das Galaxy Note 7 vorsichtshalber nicht mehr zu benutzen und (in Deutschland ab dem 19. September) das explosive Teil kostenlos gegen ein neues einzutauschen. 

Editorial

Auweia, das sind ja noch zehn Tage! – die Hölle auf Erden für die unzähligen WhatsApp-Junkies. Aber die können sich ja zur Überbrückung noch schnell ein iPhone 7 für solide 760 Euro (Sparversion) kaufen.

Biotech ist sexy!

Wie auch immer: Die goldenen Zeiten der unbegrenzten Smartphone-Gewinne sind vorbei. Daher ist es wohl nicht die dümmste Idee, dass Samsung seit einiger Zeit ganz neue Wege geht und kräftig speziell in die Biotechnologie investiert. Etwa in die Auftragsherstellung („Contract Manufacturing“) von pharmazeutischen Wirkstoffen. Samsung ist auf diesem Markt seit einigen Jahren mit einer Tochterfirma namens „Samsung Biologics“ sehr aktiv und inzwischen bezüglich der Produktionskapazität zur drittgrößten Contract Manufacturing Organisation (CMO) weltweit aufgestiegen – auf Augenhöhe mit anderen Giganten des Geschäfts wie Lonza (Nummer 1) und Boehringer Ingelheim (Nummer 2). Der Schweizer Pharmakonzern Roche sowie Bristol-Myers Squibb aus den USA etwa lassen einen Teil ihrer Pharmazeutika bei Samsung Biologics produzieren. 

Samsung Biologics wird seit Gründung im Jahr 2011 von Tae-Han Kim geleitet – einem promovierten Chemieingenieur, der seine Ausbildung Ende der 1970er Jahre an der University of Texas in Austin machte und seit 1979 beim südkoreanischen Technologiekonzern angestellt ist. 

Während die Firmenzentrale von Samsung Biologics in der Hauptstadt Seoul beheimatet ist, läuft die Wirkstoffproduktion seit 2015 in einer 69.000-Quadratmeter-Anlage in Songdo City, etwa 40 Kilometer südwestlich gelegen. Laut Samsung sind in dieser von der FDA zugelassenen Fabrik rund 300 Mitarbeiter beschäftigt. Im März 2016 wurde laut Samsung gleich nebenan eine zweite, ähnliche Anlage eröffnet; und bereits 2018 soll eine dritte in Betrieb gehen. Nach deren Inbetriebnahme können die Südkoreaner eigenen Angaben zufolge auf eine Gesamtproduktionskapazität von 360.000 Litern zurückgreifen – und hätten Lonza als Nummer 1 abgelöst.

Börsengang „sehr bald“…?

Anfang August machte sogar das Gerücht die Runde, dass Samsungs Biotechtech-Tochter sehr bald („noch in dieser Woche“) an die Börse gehen werde. In die Welt gesetzt wurde es von offenbar exzellent informierten Insidern der Presseagentur Reuters. Samsung hoffe, so die Reuters-Profis weiter, mit dem IPO „umgerechnet zwischen 1,6 Milliarden und 2,4 Milliarden Euro“ einzunehmen.

Die Aktion wäre das größte Finanzmarktdebüt eines südkoreanischen Unternehmens in diesem Jahr und würde Samsung Biologics umgehend an die Spitze aller Auftragsfertiger katapultieren. Der weltgrößte Smartphone-Hersteller ist man bereits seit 2011, wenn auch zuletzt wie auch Apple mit leicht bröckelnden Marktanteilen. 

Wohl vorerst doch nicht.

Besonders zuverlässig scheinen die exklusiven Insider-News jedoch nicht zu sein, die Reuters „von zwei Mitarbeitern der Börse“ erfahren haben will. Der „baldige“ Börsengang (angeblich anvisiert für die dritte Augustwoche) ist bereits um vier Wochen in Verzug. Auf www.finanzen.net finden sich derzeit 16 verschiedene Samsung-Aktien – vom Papier der Samsung Securities bis hin zur Samsung Heavy Industries-Aktie. Allein, die von Samsung Biologics ist nicht dabei. Noch nicht? Wir werden sehen – und wohl auch noch so manchen Börsengangs-Klatsch. 

Winfried Köppelle

LINKS:

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/257769/umfrage/vergleich-der-marktanteile-von-apple-und-samsung-am-weltweiten-smartphone-absatz/

- https://www.samsungbiologics.com/front/eng/about/key-executives.do



Letzte Änderungen: 28.09.2016